Die Bar ist der Lebensmittelpunkt der Italiener. Je nach Laune trifft man sich zum Plausch, zum Frühstück, zum Spiel, zum Zeitung lesen, zum Fußballgucken, zum Flirten – oder einfach auf einen Caffè zwischendurch.
Für Neulinge gilt die eiserne Regel: Volle Bar, gute Bar. Das ist leicht nachvollziehbar, denn wo sich viele Menschen um den Tresen tummeln, kann das Angebot nicht schlecht sein. Aber dies hat auch eine technische Bewandtnis: Denn die großen Espressomaschinen werden immer besser, je mehr sie benutzt werden. Dies ist auch der Grund, warum der erste Caffè am Morgen vom verantwortungsvollen Barista in den Abfluss gegossen wird. Doch weil man sich auf das Verantwortungsgefühl nie ganz verlassen kann, empfiehlt es sich, nie der erste Kunde zu sein.
Der klassische italienische Barbesuch läuft in den meisten Fällen im Stehen ab. Rein, Caffè, raus. Manch einer, der von Einheimischen mitgenommen wurde, hat sich schon den Gaumen verbrüht, weil sein Gastgeber die heißen Tropfen in einem Schluck herunter kippte und fast schon wieder auf der Schwelle stand, eh der eigene Zucker auf den Boden der Tasse gesunken ist. Das mit dem Hinsetzen ist – gerade an beliebten touristischen Plätzen – eine Preisfrage. An Schmelzpunkten wie etwa dem Markusplatz in Venedig verteuert der Hang zur Bequemlichkeit die gleiche Ware exorbitant.
Das Angebot in den Bars ist sehr unterschiedlich: neben den klassischen Kaffee-Varianten (wer Espresso will, bestellt immer nur Caffè) gibt es diverse Drinks rund um Aperitif und Co, Weine, Biere und selbstverständlich kleine Teigwaren. Das Spektrum reicht von Brioche, die zumeist selbst mit einer Serviette in der Hand gegriffen werden über Pizzette (Mini-Pizza) und Tramezzini (kalt belegter Toast, vor allem im Veneto) bis zu belegten Brötchen (Panini) in unvorstellbar vielen Varianten. Viele Bars wandeln ihr Angebot über den Tag, so dass frühmorgens offerierte Süßteilchen am späten Vormittag Salzigem weichen.
In den meisten italienischen Bars herrscht Vorkasse. Also erst auswählen, dann zur Kasse, Wunsch nennen und bezahlen. Mit dem Kassenzettel, dem Scontrino, geht es dann zum eigentlichen Barmann. Der wird ihn einreißen und die Bestellung bearbeiten. Achtung: In Italien gibt es sehr strenge Steuergesetze. Deswegen müssen diese Scontrini eine Weile aufgehoben werden. Es kann nämlich passieren, dass vor der Tür die Finanzbehörde wartet (Guardia di Finanza) und nach eben diesem fragt. Wer den nicht vorweisen kann, riskiert ein saftiges Bußgeld – der Barbesitzer übrigens auch.