Australien: Unterwegs im Outback

Wenn Reisende das Abenteuer suchen, stehen einige Orte ganz sicher auf der Liste: Nepals Bergwelt, Kanadas Wälder, Indiens Städte. Und natürlich das australische Outback. Blutrote Felsen, giftige Tiere, geheimnisvolle Ureinwohner – die unwirtlichen Weiten Australiens faszinieren Generationen von Rucksacktouristen.

Es braucht schon Durchhaltevermögen, um im Outbacks zu leben. Die Wege sind abenteuerlich, die Hitze fast unerträglich. 45 Grad im Schatten, wenn es den wirklich gäbe. Doch es ist nicht nur Pioniergeist, der die Menschen zum Bleiben bewegt. Manche von ihnen werden getrieben von der Aussicht auf schnelles Geld. Ihr Ziel: Die Stadt Coober Pedy im Süden Australiens, die unterirdische Stadt der Opalsucher. Den Namen gaben die Aborigines dem unwirtlichen Flecken: „Des weißen Mannes Loch in der Erde“.

Seit 90 Jahren bohren sich hier Glücksritter aus aller Welt in den harten Boden. Wer das große Glück hat, den macht das Land reich. Mehr als 70 Prozent aller Opale des Weltmarkts stammen aus Australien – die schönsten zumal. Auch der 55-jährige Stanislaus ist vor einigen Jahren mit ein wenig Startkapital aus Tschechien nach Coober Pedy gekommen. Vorsichtig arbeitet er sich mit kontrollierten Sprengungen oder langsam laufenden Fräsen an die magisch schillernden Steine heran.

Weil es an der Oberfläche so unerbittlich heiß und staubig ist, arbeiten die Männer von Coober Pedy nicht nur unter der Erde, sie leben auch dort. Kleine Häuschen, oft nicht größer als eine Telefonzelle, markieren die Eingänge zu den „Dugouts“, den „Ausgegrabenen“. Mehrere Stockwerke sind unter dem dunklen Erdreich verborgen. Selbst Hotel, Kirche und Krankenhaus fehlen nicht. Einzig die dicken Belüftungsrohre zeugen von den unterirdischen Anlagen.

In der Regel sind Opalsucher verschlossene und verschrobene Typen, die sich ungern in ihre Privatsphäre blicken lassen: Ihre australischen Dollars und die schönsten Opale horten sie lieber in schweren Safes in den Dugouts, statt sie bei einer Bank zu deponieren. Stanislaus scheint eine Ausnahme. Der Mitfünfziger zeigt mit Stolz seine Räume unter der Erde. Groß wie Fabrikhallen, die Felswände glatt geschliffen, lackiert und blitzsauber.

Dank einer Klimaanlage und eines Luftbefeuchters ist die Atmosphäre angenehm. An den Wänden hängen Gemälde europäischer Meister, die Einrichtung besteht aus hochwertigen Edelholzmöbeln. Der Tscheche ist offensichtlich kein armer Mann: Mit dem Aufzug geht es noch tiefer. Rund zehn Meter unter der australischen Wüste hat sich Stanislaus ein knapp zwölf Meter langes Schwimmbad gegraben. Mehrere UV-Lampen spenden Licht, so dass auch Pflanzen gedeihen können.

Doch glücklich ist der Opalsucher nicht. Unglückssteine seien die so farbenprächtig schillernden Opale, sagt er. Sicher, viel Geld könne man hier machen. Vielen seiner Kollegen seien Reichtum, Staub und Hitze zu Kopf gestiegen. „Ich glaube selbst nicht, dass ich noch normal bin. Aber ich könnte nie mehr hier weg.“ Die Angst vor dem Tageslicht sitzt tief unter der Erde.