Chile: Endlose Weiten

Rund 1.200 Kilometer lang zieht sich die Carretera Austral durch Chile. Entlang der berühmten Südstraße liegen Gletscher, Vulkane, Urwälder, Fjorde und menschenleere Seen dicht beieinander. Kann eine Schotterpiste schöner sein?

Die Carretera erstreckt sich von Puerto Montt bis nach Villa O’Higgins, wo die patagonischen Eisfelder eine natürliche Barriere zum Rest des Landes bilden. Der Name täuscht jedoch: Die Südstraße führt keineswegs schnurstracks durch die Landschaft, wie es europäische Besucher vielleicht gewöhnt sind. Sie ist nur an manchen Stellen geteert und hat viele kleine Verästelungen und Abzweigungen, die ins Hinterland führen. An ihrer Hauptachse liegen ungefähr ein Dutzend Nationalparks und Naturreservate. Die grandiose Landschaft entlang der Straße stellt eine exzellente Kulisse für zahlreichen Freisportarten dar. Auf dem Rio Futaleufú ist Rafting und Kayaking möglich. Besinnlicher geht es am Rio Cisnes zu: Fliegenfischen ist hier angesagt. Oder man angelt ganz entspannt am Lago Yelcho. Auch zum Wandern, Bergsteigen oder Mountain-Biken eignet sich das Terrain hervorragend.

Nicht nur der Erlebnistourist kommt hier auf seine Kosten. Unweit des Nationalparks Queulat befindet sich das völlig abgelegene Hotel „Termas de Puyuhuapi Hotel & Spa“, ein architektonisches Kleinod aus Holz. Es ist nur per Boot zu erreichen: Umgeben von einem einzigartigen Naturparadies bietet es Erholung pur. Denn tief aus der Erde entspringt eine Thermalquelle, in deren Wasser die Gäste in drei Becken Entspannung und körperliches Wohlergehen finden.

Zurück auf der Carretera Austral, geht es weiter nach Coyhaique. Mit etwa 40.000 Einwohnern die größte Ortschaft der Region. Interessant ist die Stadt vor allem, weil von hier die einzige geteerte Straße nach Puerto Aisén und Chacabuco führt, den Abfahrtshäfen für die Schiffe zur Laguna San Rafael. Dort fahren kleine Boote direkt vor den riesigen Gletscher der Lagune. 60 Meter hoch und drei Kilometer breit ist dieses Naturwunder: Das Highlight einer jeden Chile-Reise. Je näher man der Gletscherwand kommt, desto beklemmender wird das Gefühl im Nacken. In den kleinen Booten spürt man jede Bewegung der gefrorenen Massen und das Knirschen geht durch Mark und Bein. Fast schon erlösend erscheint dagegen das „Kalben“, wenn riesige Einsbrocken mit ohrenbetäubendem Getöse ins Meer eintauchen. Krönender Abschluss für die Touristen ist der „Whisky on the rocks“ mit tausendjährigem Gletschereis.

Nächste Attraktion entlang der Carretera: Der eisige Lago General Carrera, Chiles größter See. Bis nach Argentinien reicht er und heißt dort Lago Buenos Aires. Die schmale und teilweise sehr kurvige Straße um den See herum erfordert einige Fahrkünste. Dafür bieten sich dem Besucher spektakuläre Ausblicke auf die blaugrüne Wasserfläche mit ihren braunen Inseln und dem bewaldeten Seeufer. Irgendwann erreicht man Puerto Yungay, den Endpunkt der Straße. Von hier an wird die Landschaft zusehends unzugänglicher. Hat man erst das 300-Seelen-Dorf Villa O’Higgins erreicht, gibt es gar keine Straßen mehr.